Die vermutlich letzte ihrer Art. Ein gelber Lichtpunkt am Rosenstrauch in unserem Garten. Fast trotzig hält sie aus, während um sie herum die Blätter sich wandeln, um schließlich zu Boden zu fallen. Es ist November – Zeit des Abschieds von den hellen, warmen Tagen. Nebelfeuchte, Kälte und Dunkelheit treten das Regiment an, und wir räumen die Gartenmöbel ins Haus, Öfen werden angeheizt, der Tee löst immer öfter das Kaltgetränk ab.
Novemberblues – eine ganz eigene Stimmung entsteht in diesen Tagen. Mir fallen Gedichtzeilen ein „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“ (Rilke). Gedenktage, die Erinnerungen an Vergangenes, Verlorenes hervorrufen, verstärken die gedrückte Stimmung. Die Schwere des Lebens zulassen, die Geschichten anhören, die Menschen angetan wurden, den Tod ins Leben holen. Vom Seufzen zum Sehnen kommen, nicht nackt da zu stehen. Eben kein entblätterter Baum zu sein, kein Mensch ohne himmlisches Haus, bei aller Krankheit, Gewalt, Obdachlosigkeit und Abbruch von Lebenstagen. Gelingt uns diese Wanderschaft von der Traurigkeit zur Hoffnung, als innerer Vorgang des Herzens?
Vielleicht dann, wenn ich auf die Gegenbewegung achte. Mitten im Dunkel ein Licht. Erst eins, dann zwei, … und dann ein ganzer Baum voller Lichter, ein buntes Glänzen und Funkeln. Das nehmen die Augen wahr, die Ohren hören: „Euch ist ein Kind geboren, Wunder-Rat, Friedefürst.“ Und das Herz? Können wir in uns aufnehmen, was das bedeutet? Spüren wir die Hoffnung, die aus dieser Botschaft spricht, die Kraft, die sie zu geben vermag? Erkennen wir die Zeichen des Lebens mitten im Tod, der uns umgibt?
Ich hoffe es, ich wünsche es uns allen, ganz besonders in diesen Tagen, in denen die Nachrichten wieder einmal so düster und besorgniserregend sind. Mögen Lichtstrahlen uns alle erreichen!
Ihr Pfarrer Carsten Gerdes